Hä? Oslo? Nicht Göteborg?

Ja, richtig. Aber zunächst muss ich noch was zu gestern los werden.

Tag 31

12.06.2022

Aufstieg: 0 m

Strecke: 0,2 km

Gesamtstrecke: 639,3 km

Als ich in Frederikshavn ankam hatte ich noch 7 Stunden Zeit bis zum Check-in und fast 10 bis zur Abfahrt. Was soll man in dieser Zeit machen?

Frauen würden vielleicht in der City shoppen gehen. Also erstens bin ich bekannterlicherweise männlich und zweitens hatten die Läden – außer den Supermärkten- bereits geschlossen. Ich bin trotzdem erstmal in den Supermarkt gegangen. Ein wenig „dies und das“ kann sicherlich bei eine eventuellen Wartezeit nicht schaden. Aber über Stunden wollte ich auch nicht bleiben. Sitzen wäre schon deutlich angenehmer. Also suchte ich mir ein Lokal.

Eigentlich wollte ich nichts zu essen bestellen. Ich hatte ja gerade dies und das gekauft. Aber irgendwie -warum auch immer(?) – habe ich aktuell ständig Hunger. Also ein Getränk und eine Slice Pizza. Gute Wahl, wie ich später geschmacklich feststellte.

Mit der Zeit leerte sich das Lokal, der Koch reinigte die Küche. Es war doch erst vier Uhr. Wenn die jetzt zu machten, müsste ich mir ein neues Obdach suchen.

Ich fragte die Bedienung , wie lange sie noch geöffnet hätten. Bis zehn, antwortete Johs. Ich hatte gesehen, dass es oben auch noch einen – noch abgesperrten – Sitzbereich gab. Ich fragte, ob ich dort hin könne. Ich sei müde und müssen meine Füße mal pflegen. So kamen wir ins Gespräch über die Wanderung. Anschließend sagte er, sie hätten draußen noch einen Sitzbereich. Dort könne ich mich auf‘s Sofa legen. Wie geil ist das denn?!

Johs ist ein Adler und keine Ente (Wer Bodo Schäfer kennt, weiß was ich meine)

Ich habe meine Füße gepflegt und bin dann tatsächlich eingeschlafen und erst nach über einer Stunde aufgewacht. Herrlich. Draußen wäre es auch sehr ungemütlich geworden. Es hat nochmal ordentlich gegossen. Ich bin so dankbar für diese Gelegenheit.

Auf „meinem“ Sofa

Zur Fähre ging es am späten Abend. Normalerweise hätte ich zu der Zeit schon geschlafen. Ich hatte ja im Jerry’s geschlafen. Also kein Problem. Zur Fähre waren es nur wenige Minuten.

Vor dem noch verschlossenen Check-in lernte ich Emanuel kennen. Der Schreiner ist seit 4,5 Jahren auf der Walz. Er war im deutschsprachigen Raum unterwegs aber auch in Frankreich, Slowenien, Ungarn, Island, México, Hawaii, Kolumbien, Dänemark, Schweden und den Philippinen. Jetzt ist er auf dem Weg nach Bergen. Das ist eine der europäischen Städte mit dem höchsten jährlichen Niederschlag an Regen.

Emanuel erzählte mir vieles über die Sitten und das Leben auf der Walz.

Nach dem Check-in saßen wir noch über eine Stunde im Wartebereich. Hier wurde mächtig geheizt. Das kann dann schon anstrengend sein, nachdem ich so viele Tage an der frischen Luft war. Wie sollte es nur in der Kajüte werden? Ohne Fenster!

Sonnenuntergang über Frederikshavn

Wir sprachen über unser Gepäck und Emanuel sagte, dass sein Bündel mit nur einem Riemen schon eine körperliche Herausforderung sei. Ich erzählte von meiner Gymnastik, die ich (fast) jeden Morgen mache. Er wollte wissen, welche Übungen ich mache. Also zeigte ich sie ihm. Erst die Übungen im Stehen und dann lagen wir in der Wartehalle auf dem Boden und machten gemeinsam Gymnastik. Vor ein paar Wochen hätte ich das beispielsweise auf keinen Fall gemacht.

Unser Gepäck im Vergleich

In der Kajüte konnte ich gut schlafen. Die Lüftung war auf eine relativ kalte Temperatur gestellt, über die ich mich früher geärgert hätte. Jetzt war die genau richtig.

Gymnastik ist überall möglich, wenn ich es will

Am nächsten morgen natürlich: Gymnastik und Duschen! Die meisten meiner Übungen kann ich auf kleinstem Raum machen. So auch in einer Kajüte mit minimalem Platz wegen maximaler Raumausnutzung. Dann gab es ein ausführliches Frühstück. Hatte ich schon erwähnt, dass ich derzeit ständig essen könnte? 😉

Nach dem Frühstück und eine Stunde vor Oslo
Norwegen, ich komme
Oslo in Sicht :o)

Warum Oslo und nicht Göteborg?

Das ist ganz einfach: Aufgrund einer der vielen Erkenntnisse habe ich das am geilsten Tag der Wanderung, den 09.06.2022, so entschieden.

In Oslo

Was hat der BremenOsloTrail „gebracht“?

Ich habe die Wanderung als HUBIT Spendenlauf gemacht. Dadurch und durch weitere Spendenaufrufe kamen Spenden für den HUBIT Medien Coach e.V.

Ich danke allen Spendern und Sponsoren.

Wenn du noch nicht dazugehörst, ist das kein Problem. Du kannst das ändern, dann danke ich auch Dir.

…. und los geht’s

Mit den Spenden wird die Arbeit vom HUBIT Medien Coach unterstützt. So kann der HUBIT Medien Coach Projekte mit Kindern und Jugendlichen machen und sie über Gefahren und Chancen im Internet aufklären, damit sie sicher in ihre digitale Zukunft starten können. :o)

Was hat der BremenOsloTrail mir persönlich „gebracht“?

Mir selber hat es auch sehr viel gebracht. Ich habe sehr viel über mich und mein Umfeld erfahren und besser verstanden.

Ich hatte sehr viele Erkenntnisse und auch Erlebnisse.

Ich bin körperlich teilweise an meine Grenzen geführt worden. Und ich habe sie überwunden. Denn Grenzen gibt es nur im Kopf.

Wenn Du glaubst, Du kannst nicht mehr, hast Du höchstens 30% Deiner Energie verbraucht.

Ich bin über mich hinausgewachsen, wie man so sagt. Ich bin über 600 Kilometer auf meinen Füßen von Bremen nach Oslo gewandert. Darauf bin ich stolz.

Emotional hat mich die Wanderung auch sehr gefordert. Ich glaube nicht, dass es eine Zeit in meinem Leben gab – abgesehen von dem Tod meiner Mutter – in der ich so viel geweint habe.

Ich war viel alleine. Ohne Musik. Ohne TV. Ohne Videos. Ohne Ablenkung. Ich habe die Langeweile genossen.

In der Langeweile wird der Geist aktiv. Also freue Dich, wenn Du Dich langweilen darfst.

Ich habe Antworten auf Fragen gefunden. Wobei ich mir selbst die Fragen zuvor nicht gestellt hatte. Und gestern hatte ich dann „die“ Antwort / Erkenntnis, die sehr essenziell ist und mein Leben ändern wird. Nein, sie hat bereits mein Leben geändert.

Dankeschön

Ich danke, den vielen Unterstützern, die mir bei der Vorbereitung geholfen haben.

Ich danke allen, die mich am 07. Mai auf dem Marktplatz verabschiedet oder am ersten Tag begleitet hatten.

Ich danke allen, die mich seelisch gestützt und, wenn nötig, aufgebaut haben.

Ich danke, den vielen Menschen, die mir Wasser gaben.

Ich danken den Menschen, bei denen ich schlafen oder mein Zelt aufbauen durfte. Insbesondere Jochen und Simon sowie Berrit und Thomas.

Ich danke allen Menschen, denen ich unterwegs begegnen durfte. Insbesondere die vielen (Rad-)Wandersleute. Ich danke für die vielen Geschichten, Informationen und Lehren. Ich habt alle meinen Respekt für das, was Ihr macht.

Ich danke insbesondere Yvonne, Florian, Ralf, René und Verena. Sie haben während meiner Abwesenheit alles am Laufen gehalten und meine ordinären Aufgaben übernommen. Das habt Ihr sehr toll gemacht.

Ich danke dem Leben für diese wunderbare, wunderschöne, anstrengende, lehrende und stärkende Zeit.